R.I.P. dear Funnel. Willkommen im Zeitalter der Zugehörigkeit.
Was passiert, wenn Werbung nicht mehr wirkt, der klassische Marketingfunnel ausgedient hat und Konsumenten nicht mehr kaufen, um zu haben – sondern um zu sein? Dann beginnt ein neues Kapitel. Eines, in dem Identität zur Währung wird. Zugehörigkeit zur Motivation. Und Marken über Relevanz gewinnen.
Der Funnel ist tot. Es lebe der Tipping Point.
Awareness. Interest. Desire. Action. Das war die Formel, auf die sich das Marketing jahrzehntelang verlassen hat. Ein linearer Prozess, der Kund:innen wie Billardkugeln in Richtung Kauf treiben sollte. Doch mit der Generation Z hat sich dieser Mechanismus in Luft aufgelöst. (Auch wenn er immer noch so vermittelt wird … .) Was an seine Stelle tritt, ist kein Prozess, sondern der Tipping Point. Der Augenblick, in dem aus flüchtiger Berührung eine innere Verbindung wird. In dem sich ein Mensch nicht einfach für ein Produkt entscheidet, sondern für eine Marke, die ihn bestärkt, versteht und ausmacht.
Von der Obsession zur Zugehörigkeit
Gen Z will keine Werbung. Sie will keine Inszenierung. Sie will Storys, die sie fühlen kann. Erzählungen, die nicht beeindrucken, sondern berühren. Nicht pushen, sondern hineinziehen. Marken, die obsessiv Teil der eigenen Welt werden – weil sie Resonanz erzeugen und Identität schenken. Btw. das gilt nicht nur für die Gen Z, sondern auch für all jene, die sich selber gut kennen und wissen, was sie wollen und was nicht! Doch diese Obsession ist kein Selbstzweck. Sie führt zur tiefsten Motivation: Zugehörigkeit und Anerkennung. Wer mich sieht, wer mich stärkt, wer mich ernst nimmt, zu dem gehöre ich. Und diesem Vertrauen folgt Kauf, Loyalität und Empfehlung – ganz ohne Conversion-Optimierung.
Echt jetzt: Werden wir gezwungen Werbung zu schauen?
Während sich die Marketingwelt wandelt, reagiert die Schweizer Medienbranche mit einem Schritt, der in die völlig falsche Richtung geht: Ab Oktober 2025 kann auf den meisten Kanälen der SRG und auch bei privaten Anbietern wie 3+, TF1 oder ProSieben keine Werbung mehr vorgespult werden. Die Message ist klar: Ihr sollt sehen, was wir euch zeigen wollen. Doch Zwang erzeugt Ablehnung. Wenn man Menschen zwingt, die Selbstdarstellung von Firmen zu konsumieren, entsteht das Gegenteil von dem, was moderne Marken brauchen: Vertrauen. Nähe. Resonanz. Die Schweizer Medienlandschaft läuft Gefahr, sich von ihrer Zielgruppe abzukoppeln – weil sie den alten Funnel konserviert, während die Welt längst einen neuen Weg eingeschlagen hat.
Werbung war gestern. Heute zählt Beziehungswert.
Vielleicht ist schon der Begriff das Problem: Werbung – ein Relikt aus einer Zeit, in der Marken sendeten und Menschen konsumierten. Einseitig, laut, oft aufdringlich. Doch heute, wo Zugehörigkeit und Identität zählen, braucht es ein neues Wort. Eines, das das ausdrückt, worum es wirklich geht.
Beziehungswert – das ist der neue Massstab. Nicht: Wie viele sehen es? Sondern: Wie viel Verbindung entsteht? Beziehungswert beschreibt den echten Wert, den eine Marke in der Beziehung zu ihren Kundinnen und Kunden schafft. Es geht nicht mehr darum, Aufmerksamkeit zu erlangen. Sondern darum, Vertrauen zu verdienen. Nicht darum, sich perfekt zu präsentieren – sondern darum, sich verletzlich, glaubwürdig und relevant zu zeigen.
Marken mit Beziehungswert werden nicht ausgestrahlt, sondern weitergetragen. Sie passen sich nicht an Zielgruppen an – sie werden Teil ihres Lebens. Sie schaffen Momente, in denen man sagt: Das bin ich. Das gehört zu mir.
Der neue Imperativ: Investiert in Identität, nicht in Reichweite.
Wer heute noch Mediapläne erstellt, bevor er seine Markenidentität definiert hat, verschwendet Geld. Denn ohne klares Why, ohne Archetyp, ohne Haltung und Tonalität wird jede Kampagne zur Fassade. Und Fassaden zerfallen, wenn der Wind sich dreht.
Starke Marken dagegen wirken anziehend. Sie leben nicht von ihrer Sichtbarkeit, sondern von ihrer Spürbarkeit. Sie haben einen Charakter. Eine Stimme. Eine Story, die nicht um sie selbst kreist, sondern sich in den Geschichten ihrer Kund:innen entfaltet.
Echtheit schlägt Nachhaltigkeit.
Viele Marken schreiben sich das grüne Label auf die Fahne, um gleichzeitig aggressives Wachstum zu rechtfertigen. Doch Echtheit verlangt, dass Aussagen und Handlungen im Einklang stehen. Dass Marken auch den Mut haben, weniger zu tun – dafür besser.
Nachhaltigkeit bedeutet nicht mehr, möglichst viele Produkte mit recyceltem Karton zu verkaufen. Sondern sich zu fragen: Was braucht die Welt wirklich – und was nicht? Wer diese Frage ehrlich beantwortet, beginnt sich selbst neu zu erfinden.
Fazit: Die Zukunft gehört den identitätsstarken Marken.
Die Generation Z hat den Wandel eingeläutet. Doch er betrifft uns alle. Der alte Funnel hat ausgedient, weil Menschen heute nicht mehr linear kaufen, sondern emotional entscheiden, um dazuzugehören. Marken müssen in Beziehungen investieren, nicht in Abverkäufe.
Der Weg dorthin führt nicht über mehr Werbezeit, sondern über mehr Wahrheit. Über das mutige Investment in Identität, Charakter und Zugehörigkeit. Unternehmen, die diesen Schritt jetzt gehen, werden keine Werbung mehr brauchen – sondern bewegen sich selbstverständlich in der Welt ihrer Kundschaft.