Da will man wieder hin
Es gibt Orte, da möchte man gar nicht erst wieder weg. Weil etwas in der Luft liegt – ein Gefühl, das nicht greifbar ist, aber bleibt. Eine Ferienwohnung, die sich anfühlt wie das bessere Zuhause. Ein Hotel, das mehr gibt als ein Dach über dem Kopf. Oder ein Berggipfel, von dem aus der Blick so weit ist, dass er sich ins Gedächtnis brennt. Manchmal reicht auch der Duft frischen Brotes am Morgen oder das letzte Bad im Meer, bevor es zurück in den Alltag geht.
Ein Moment der nicht enden soll - Analogie zu Markeninteraktionen, die zum Erlebnis werden und nach denen man sich immer wieder sehnt.
Warum brennen sich solche Erlebnisse ein? Es ist nicht die Ausstattung allein, nicht der Preis oder das Design – es ist die Stimmigkeit. Das Zusammenspiel aus Atmosphäre, Ton, Nähe, Haltung. In der Markenwelt nennt man das Brand Experience. Wenn alles zusammenpasst, entsteht etwas, das man nicht mehr erklären muss – man fühlt es.
So wie bei Manger Mode, eines Modegeschäfts abseits der Massen. Dort geht es nicht nur ums Einkaufen. Wer eintritt, wird nicht berieselt, sondern gesehen. Die Kleider hängen nicht einfach an Stangen, sondern laden zum Entdecken ein. Es ist leise, fast intim. Beim Anprobieren passiert oft mehr als nur eine Passformkontrolle: Es ist ein Moment, in dem man sich selbst anders sieht. Schöner, sicherer, präsenter. Das Personal wird darin geschult, auf die unterschiedlichen Menschen einzugehen. Man verkauft keine Mode – sondern eine Haltung. Und genau das ist es, was bleibt.
Auch im Ruby Mimi Hotel in Zürich merkt man sofort: Hier wurde mit Liebe zur Atmosphäre gedacht. Der Duft beim Betreten – nicht aufdringlich, aber unverkennbar – wirkt wie eine unsichtbare Begrüssung. Der Kaffee an der Bar ist kein „Service“, sondern Teil eines kleinen Alltagsrituals. Die Zimmer sind funktional, aber mit Charme. Es ist nichts Übertriebenes dabei – und gerade deshalb fühlt es sich richtig an. Dieses Hotel weiss: Menschen erinnern sich nicht an Quadratmeterzahlen, sondern an Stimmungen.
Selbst ein Möbelhaus wie Bolia versteht dieses Prinzip. Die Filialen sind keine Läden im klassischen Sinn, sondern Wohnlandschaften zum Eintauchen. Die Materialien – warmes Holz, weiche Stoffe, gedämpftes Licht – schaffen eine Umgebung, die nicht schreit: „Kauf mich!“, sondern flüstert: „So könnte dein Leben aussehen.“ Wer hier durchgeht, plant nicht nur ein neues Sofa, sondern ein neues Lebensgefühl. Die Stoffmuster sind fast überdimensioniert, dass man sich darin einwickeln könnte und die Bedienung ist authentisch und zuvorkommend.
All das sind Beispiele für Marken, die verstanden haben, dass es nicht um das einzelne Produkt geht, sondern um das Erlebnis, das es umgibt. Psychologisch spricht man hier von atmosphärischer Kohärenz: Wenn Raum, Sprache, Haltung und Angebot in Einklang sind, entsteht Vertrauen. Menschen spüren intuitiv, ob etwas „für sie gemacht“ ist – lange bevor sie sich dessen bewusst sind. Marken müssen Momente schaffen, die nicht enden sollen.
Auch die Forschung im Bereich Sensory Branding zeigt: Die meisten Entscheidungen treffen wir nicht rational, sondern emotional – oft sogar unterbewusst. Ein stimmiger Duft, ein haptisch angenehmes Material, eine Stimme im richtigen Tonfall – all das beeinflusst, wie wir eine Marke erleben. Und ob wir wiederkommen.
Und dann gibt es Marken, bei denen diese Stimmigkeit fehlt. Nicht, weil sie nichts zu bieten hätten, sondern weil die Elemente nicht zueinanderfinden.
Die SBB zum Beispiel. Ihre Durchsagen sind ein Lehrstück in Entfremdung: „Der Speisewagen ist ausser Betrieb.” Oder “Bitte respektieren Sie die Klassendisziplin.“ Wer so spricht, sagt: Wir funktionieren – aber erwarten keine Freude. Kein Charme, keine Wärme, keine Einladung, ein Teil davon zu sein.
Und dann gibt es Marken wie die CONCORDIA. „Geht es Alina gut, geht es uns allen gut“ – ein Claim, der Nähe, Verantwortung und menschliche Verbundenheit verspricht. Doch dieses warme Versprechen schlägt sich kaum in der tatsächlichen Markenerfahrung nieder: Eine obligatorische Grundversicherung, die einzige Differenzierung der Preis der Prämie. Die Kommunikation eingekauft, der Markenauftritt formell und die Kundeninteraktion, wie bei allen anderen. Was nach persönlicher Fürsorge klingt, bleibt in der Umsetzung auf der Strecke. Die Idee ist charmant – aber sie wird nicht erlebbar gemacht.
Und die Migros Bank? Sie könnte auf Vertrauen bauen, auf Kundennähe, auf Herkunft. Stattdessen dominiert ein inszenierter Auftritt, der keine Tiefe findet, wer im Kontakt mit der Marke ist. Es fehlt der Moment, in dem man spürt: Diese Bank versteht mich und interessiert sich für mich.
Das ist der Unterschied: Marken, die Erlebnis als Ganzes denken, schaffen emotionale Anker. Man erinnert sich nicht an ihr Logo – sondern an das Gefühl, das man hatte, als man mit ihr in Berührung kam.
Deshalb: Wer Marke ernst meint, sollte weniger über Claims und Kampagnen nachdenken – und mehr über den Duft beim Eintreten, das Licht im richtigen Moment, den Tonfall im Gespräch. Wenn das zusammenstimmt, entsteht Bindung.
Und genau dann passiert es:
Man geht – aber man will zurück.
Weil es sich angefühlt hat wie ein Stück Zuhause.
Weil es gestimmt hat.
Weil man denkt: Da will ich wieder hin.